Grundeinkommens-Weltkonferenz von 7.– 9 Juli 2016 in Seoul

Pressemitteilung
Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt – B.I.E.N. Austria
Runder Tisch – Grundeinkommen
#Grundeinkommen #BGE
Wien, Dienstag 05.07.2016

 

Nach Schweiz-Votum:
Weltweite Grundeinkommens-Bewegung trifft sich in Asien

Nach dem bisher größten Erfolg der weltweiten Grundeinkommensbewegung – der ersten Volksabstimmung über die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) im Juni in der Schweiz (fast jeder/jede 4. Wähler/in hatte bereits dafür votiert) – treffen sich Wissenschafter*innen, Aktivist*innen und Politiker*innen in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, um über den weiteren Weg zum Grundeinkommen zu reflektieren.

An drei Tagen, von 7. bis 9. Juli 2016, wird an der Sogang Universität in 6 Podiumsdiskussionen sowie 35 Panels und Workshops über das zentrale Thema der 16. Konferenz des Basic Income Earth Networks (BIEN), nämlich „Das Bedingungslose Grundeinkommen und die sozial-ökologische Transformation“ debattiert.

Themen der Konferenz sind Pilotprojekte, Grundeinkommen (zunächst) für bestimmte gesellschaftliche Gruppen wie etwa Landwirt*innen und unterschiedliche Grundeinkommensmodelle, d.h. globale wie auch regionale (etwa europa- oder ostasienweite) Modelle. Das Grundeinkommen wird als Antwort auf künstliche Intelligenz und Automatisierung, als wirtschaftspolitisches Instrument und auch als Maßnahme zur Ermächtigung der Bürger*innen diskutiert werden. Angeknüpft wird auch an Debatten über Commons und erörtert, wie nicht-monetäre Sozialleistungen, etwa Freifahrt auf öffentlichen (Nah-)Verkehrsmitteln, Hand in Hand mit einem Grundeinkommen – einer monetäre Leistung – gehen.

Unter den elf Hauptredner*innen finden sich im Konferenzprogramm etwa der Grundeinkommensvordenker Philippe van Parijs (Katholische Universität Löwen, Belgien), der Politikwissenschaftler Cui Zhiyuan (Tsinghua Universität, China), der Soziologe Sarath Davala (Hyderabad, Indien) und die Politikerin Katja Kipping (DIE LINKE, Deutschland).

 

Grundeinkommen soll Existenz und Teilhabe sichern
Die österreichische Grundeinkommensvordenkerin Lieselotte Wohlgenannt sowie weitere Mitglieder aus europäischen und ostasiatischen Grundeinkommensnetzwerken schlagen vor, die Definition des Grundeinkommens von BIEN (Basic Income Earth Network) anlässlich der Generalversammlung des weltweiten Grundeinkommens-Netzwerkes, die ebenfalls in Seoul stattfinden wird, um ein viertes Kriterium zu ergänzen.

Auf das Grundeinkommen sollte nicht nur ein allgemeiner und individueller Rechtsanspruch ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zu Arbeit oder Gegenleistung bestehen, es sollte außerdem existenzsichernd sein und jedem Menschen gesellschaftliche Teilhabe im jeweiligen politischen Gemeinwesen ermöglichen. So könne ein bedingungsloses Grundeinkommen dazu beitragen, im jeweiligen politischen Gemeinwesen Armut und soziale Notlagen zu beseitigen, den individuellen Freiheitsspielraum zu vergrößern sowie die Entwicklungschancen jedes Einzelnen und die soziale und kulturelle Situation im Gemeinwesen nachhaltig zu verbessern.

Dieses „vierte Kriterium“ ist in verschiedenen Länder-Netzwerken von BIEN – so auch in Österreich und Deutschland – seit Längerem „State oft the Art“ und gilt vielen als „emanzipatorischer Springpunkt“. Auch das europaweite Netzwerk UBIE (Unconditional Basic Income Europe) unterstützt diese Forderung. Nur ein Grundeinkommen in entscheidender Höhe würde es ermöglichen, „in Freiheit tätig zu sein“ und frei verschiedene Tätigkeiten (bezahlte und unbezahlte) zu kombinieren.

Gleichzeitig betonen die Befürworter*innen dieses Kriteriums, dass bei einer solchen Grundeinkommens-Definition ein „partielles Grundeinkommen“, das eben nicht existenz- und teilhabesichernd ist, nicht ausgeschlossen sei, solange klar bleibt, dass das Ziel ein volles bedingungsloses Grundeinkommen sei und das partielle Grundeinkommen nicht mit Sozialabbau verbunden ist.

So plädiert beispielsweise Philippe van Parijs dafür, strategisch zunächst die Einführung von partiellen Grundeinkommen (etwa 15 bis 20% des BIP pro Kopf) ins Auge zu fassen, zusätzlich zu bisherigen Sozialleistungen (z.B. in der EU in Form einer „Eurodividende“ für alle). Ein solches Grundeinkommen sei aus seiner Sicht ökonomisch definitiv nachhaltig und als erster Schritt daher nur eine Frage des politischen Willens zur Umsetzung.

 

Weltweite Grundeinkommensbewegung im Aufwind
Der kommende Kongress in Seoul ist der erste BIEN-Kongress in Asien. Davor gab es von 1986 bis 2004 alle zwei Jahre Konferenzen in Europa. 2006 wurde der erste Kongress in Afrika, nämlich in Cape Town in Südafrika, 2010 der erste in Südamerika, nämlich in São Paulo in Brasilien und 2014 der erste in Nordamerika, nämlich in Montreal in Kanada abgehalten. 2016 hatten sich außerdem die Grundeinkommensnetzwerke aus Finnland und den Niederlanden um die Austragung beworben. Mittlerweile verfügt BIEN über 23 nationale und zwei regionale (Europa und südliches Afrika) Mitgliedorganisationen. Aufgrund der zunehmenden Aktivitäten wird überlegt, den Grundeinkommensweltkongress in Zukunft jährlich abzuhalten. Der nächste große weltweite Event wird nach dem – eher akademisch orientierten – Kongress die 9. Internationale Woche des Grundeinkommens von 19. bis 25. September 2016 sein. Letztes Jahr gab es bereits Veranstaltungen in knapp 30 Ländern auf allen Kontinenten. Auch heuer wird mit reger Beteiligung gerechnet.

 

Weitere Informationen
Homepage zum 16. BIEN Kongress
http://bien2016.org/en/

BIEN – Basic Income Earth Network
http://www.basicincome.org

Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt – B.I.E.N. Austria:
http://grundeinkommen.at/

 

Philippe van Parijs über die Schweizer Volksabstimmung:
http://www.basicincome.org/news/2016/06/the-worldwide-march-to-basic-income-thank-you-switzerland/